Weitere Operationen

Ja, da war ich jetzt in der Spezialklinik für Querschnitte gelandet und schon war es vorbei mit der beschaulichen Ruhe als Patient. Gleich am ersten Tag ging es los: Aufnahmegespräch - Hauptthema - Dekubitus. Deku-Was???
Als Querschnitt fühlst Du nicht, wenn beim Sitzen etwas kneift, eine Falte in der Wäsche ist oder etwas in der Art. Aha! Dummerweise kann eine übersehene Hautreizung schnell zu einer offenen Stelle werden. Die dumme Bemerkung mit offene Stelle, gleich beim Arbeitsamt melden, blieb mir im Hals stecken, als mein Gegenüber mir ein paar Bilder zeigte. Nicht schön, überhaupt nicht schön! Als einziges Hilfsmittel gilt entlasten, sprich im Bett bleiben. Das Thema, habe ich inzwischen gelernt, ist bei Rollstuhlfahrern ungeheuer beliebt. Jeder kann da das eine oder andere selbst erlebte beisteuern..

Gleich ging es weiter: Röntgen, Computertomografie, Magnetresonanzwasauchimmer, Ultraschall, Hurra Liebling! Es ist ein Junge!!!
Und das war erst der Anfang! Dass alle möglichen Körperflüssigkeiten gecheckt werden, ist ja schon selbstverständlich. Zwischendrin wurde ein Abstrich von allen möglichen Körperteilen gemacht, sogar von meinen Haaren. Abstrich? Komme ich aus dem Rotlichtbezirk? Erklärung? Keime!
Wie,Keime??? In letzter Zeit muß es wohl in einigen Kliniken zu diversen Unannehmlichkeiten durch eingeschleppte Keime gekommen sein. Mir kam es etwas übervorsichtig vor, aber auch da wurde ich schnell eines Besseren belehrt, als nach 2 Tagen ein neuer Zimmernachbar sofort wieder abgesondert und in Quarantäne gesteckt wurde. Wieder was Neues, als Querschnitt bist Du wohl auch bei Keimen empfindlicher als der Normalbürger. Heh, Hallo, ich hab mir das nicht ausgesucht!!!

Ein paar Tage später wurde mir erklärt, es kämen wohl noch zwei Eingriffe auf mich zu. Aus meinem Handgelenk sollte ein Draht entfernt werden, der als zusätzliche Versteifung dafür sorgte, daß ich bestimmte, für den Bruch gefährliche Bewegungen gar nicht erst ausführen konnte.

Und mein Rücken, den wollte man auch noch mal aufmachen. Wie denn, da waren die Anderen doch schon 2 Mal drin gewesen? Ja, aber dem Professor war das, was da so in revolutionärer, neuer Technik eingebaut und in feinstem Titan ausgeführt worden war, absolut unzureichend. Also, mir hat das eigentlich gereicht. Anhand der Röntgen und anderen Durchleuchtbilder erklärte man mir, bei dem Zustand meiner Wirbelsäule könnte die leicht noch einmal brechen. Na Toll!!! Und was haben die vorher gemacht? Geübt, oder was???
Kurz, die Klinik vorher hat sich erst einmal darum gekümmert, daß ich überlebe. Na OK, das haben sie ja ganz ordentlich hingekriegt. Irgendwie müssen die vergessen haben, mir zu sagen, daß das nicht die letzte OP war. Oder ich hab’ s mit den ganzen Schmerzmitteln in der Birne nicht mitbekommen.

Am Vorabend der Rücken-OP kam der Operateur zu mir, um die Operation mit mir zu besprechen. So ganz nebenbei durfte ich noch einen Katalog von Telefonbuch-Stärke unterschreiben, welche Risiken und Nebeneffekte auftreten könnten. Alles erklärt und durchgesprochen. Toll, mein Krimi ist jetzt auch vorbei und der Mensch ist immer noch am erklären.
Er meinte, daß meine Wirbelsäule durch eine Vorerkrankung schon ziemlich krumm sei. Stimmt schon, aber an meinen krummen Buckel hatte ich mich im Lauf der Jahre gewöhnt. Ja man müsse ja sowieso den ganzen Rücken aufmachen...

Hallohallo, den GANZEN RÜCKEN??? Alarm!!! Sind die noch ganz sauber?? Der Gute hatte wirklich Geduld mit mir. Er wollte nur wissen, ob man mich dabei gleich ein wenig aufrichten sollte? Wie, mein krummes Kreuz wieder gerade ? Heh Kumpel, willst’ n Bier? Nee besser nich, der muß ja morgen früh schneiden.
Und wo ist der Haken? Verpackt in eine ziemlich ausführliche Erklärung, was er alles zusätzlich dafür noch machen würde, kam es:Es wird sehr lange sehr weh tun.

Stimmt!!!

Sehr lange.

Und wirklich gemein weh.

Ich habe jetzt so viel Metall im Kreuz, damit könnte man locker die Queen Mary versenken. Die Verschraubung des 9. und 10. Brustwirbels wurde entfernt. Dafür hat man vom 7. Brust- bis zum 1. Lendenwirbel hinunter die Wirbel verschraubt. Das Ganze wurde ordentlich mit Stahlstreben links und rechts der Wirbelsäule versteift. In Höhe der Bruchstelle wirde noch zusätzlich verstrebt und verschraubt - Stahlbau vom Feinsten.
Und die lange Narbe über den ganzen Rücken, die toppt jedes Arschgeweih.

Ach, übrigens. Meine Hand kann ich auch wieder bewegen.