In Se Reeehaaa

Komisch, an welche Details man sich doch so erinnert. Ich weiß noch, daß ich bei meinem Einzug in die Reha-Klinik den alten Titel “In The Navy” im Ohr hatte. Da gibts auch noch was von Amy Winehouse, (schreibt die sich so?) "They want me to go to rehab" - oder so ähnlich. Die Sängerin von der Hausband hier, die singt das auch. So richtig g... Ja, die Hausband, die ist ein eigenes Kapitel wert.
Kriegt sie auch.

Alter, du schwafelst!

Ja, da wurde ich also auf der Trage hineingerollt, in den nächsten Abschnitt meines Weges, meine liebste Kofferträgerin im Schlepptau.

Aha, das Zimmer wird also jetzt die nächste Zeit mein Heimathafen sein, um mal bei Navy zu bleiben.
Heh, mein eigenes Zimmer!
Typ Kinderzimmer moderner Wohnungsbau. In den Staaten wäre das ein begehbarer Kleiderschrank geworden. Das Tierschutzgesetz sagt, daß der Zwinger eines deutschen Schäferhundes mindestens 9 qm haben muß. hmm. Na gut, ich bin ja auch kein deutscher Schäferhund.
Aber ich hab mein eigenes Zimmer. Mit meinem eigenen Bad. Und meinem eigenen Fenster. Das ich aufmachen kann, wann immer ich will.
Könnte.
Wenn ich drankäme.
Aber immerhin. Außerdem kann ich jederzeit die Pflege bitten. Und das Fenster nimmt die ganze Wand ein.

Hallo, die Schwester stellt sich mit dem Vornamen vor, läßt das Schwester weg. Hier reden sich eh alle mit dem Vornamen an, da können wir uns die Formalität schon mal sparen, wenn mir das recht ist.
Ist mir sogar sehr recht.
Ich glaube, hier läßt sich’s aushalten.

Drei Tage später kam die Anweisung aus der Firmenzentrale. Ab sofort sind alle Patienten mit Nachnamen und Sie anzureden. Heh, das gab Stimmung!
Ich konnte natürlich meine große Klappe wieder nicht halten. “Ganz einfach, ich bestehe darauf, nach wie vor mit Vornamen angeredet zu werden und berufe mich dabei aufs Patientenrecht. Den entsprechenden Paragrafen suche ich gerne heraus.”
Klappt jedes Mal.

Ich glaube, jetzt wird es Zeit, mal der Pflegetruppe hier eine Lanze zu brechen. Stellvertretend für die meisten Pflegetruppen, denen ich in der letzten Zeit so ausgeliefert war. Erst einmal, Querschnittpatienten sind nicht gerade die einfachsten. Ich habe hier unter den Patienten extrem viele Individualisten kennen gelernt. Manche waren schon, sagen wir mal, sehr individuell. Dabei immer freundlich zu bleiben und gleichzeitig professionelle Arbeit abzuliefern, das kann man nur bedingt lernen. Da gehört ein gut Teil Enthusiasmus und Identifikation mit der Aufgabe dazu.
Dann kommt dazu, daß man sich körperlich zwangsläufig sehr nahe kommen muß. Über Wochen und Monate hinweg. Da wird die Distanz, die man zu wahren hat zu einem ganz, ganz schmalen Grat.
Auch wenn ich Euch gerne mal kräftig durch den Kakao ziehe, das ist halt meine Art, zu ziehen.

Den Hut.

Ganz tief.

Mit Verbeugung.