Wassertherapie

Wenn ich gerade mal keinen Blaseninfekt habe, keine offene Stelle, keinen Durchfall, dann gehe ich zwei, drei Mal in der Woche morgens zur Wassergymnastik. Hört sich toll an, Badehose an, Bademantel drüber und schnell ein paar Bahnen im hauseigenen Pool gezogen.
Das mit dem Pool kommt so hin, aber es ist natürlich bei mir etwas mehr Aufwand. Kathedern, Ausräumen, Waschen, Badehose an und in den Duschstuhl. Der Bademantel wird verkehrt herum angezogen, das ist im Sitzen einfacher. Jetzt geht das schon ganz gut, aber vor ein paar Wochen war das noch viel lustiger. Lageänderungen, von gestreckt nach gebeugt, vom Sitzen zum Liegen waren äußerst schmerzhaft. In den Duschstuhl kam ich nur mit einem Tuchlifter. Selbst der Bandlifter tat zu sehr weh, da hier eine zu große Zugbelastung auf die Wirbelsäule auftrat.
Vom Duschstuhl ins Becken war immer ein Erlebnis. Alle waren schon im Wasser. Ich mal wieder das Letzte. Der Lifter hebt an, das Tuch strafft sich. GNNN! Die Schmerzen malen sich auf meinem Gesicht ab. Ich versuche, nicht zu schreien, beisse mir auf die Finger, will nicht als Weichei dastehen. Im Wasser, wenn ich gestreckt werde noch einmal das selbe Spiel.
Aber dann!
Schwerelos treibe ich dahin, nur von meiner Therapeutin gehalten. Die Schmerzen sind wie weggeblasen. Die Verkrampfungen lösen sich, ich fühle mich einfach bloß wohl. Hier hat man wohl nicht mitbekommen, daß Therapien unangenehm sein müssen, sonst helfen sie nicht.
Ist natürlich Unfug, man hat sehr gut verstanden, daß Therapien, um zu helfen durchaus auch einmal angenehm sein können. Und mir hilft das Wasser ungemein.

Einmal wollte ich es wissen. Immerhin war ich mal Rettungsschwimmer.
“Mensch, mach mich doch mal los.” Wenn ich will, kann ich herrlich flehende Blicke werfen. Das habe ich meiner Tochter abgeschaut, wenn die was von ihrem Papa will...
“Also gut”, meine Therapeutin zog mir die Schwimmhilfe weg.
Ich hätte vielleicht vorher darüber nachdenken sollen, wie sich gelähmte Beine und jede Menge Stahl im Rücken auf den Auftrieb auswirken. Kurz: Blubb, und weg war ich.
So viel zum Thema Rettungsschwimmer.

Ich hab die Faxen dick! Jedes Mal ins Wasser AUA, aus dem Wasser AUAAA! Was kann ich denn nur tun. Ein Pfleger sagt, kanalisieren. Hä? Nicht schreien, singen!
HÄGÄÄÄRNHABICHDIEFRAUNGEKÖÖÖST
Totenstille im Schwimmbad. Jetzt ist er ganz abgedreht. OK, War nix. Aber die Richtung ist nicht schlecht.
Das nächste Mal, als ich wie eine Gurke im Einkaufsnetz unter der Decke schwebe, versuche ich es mit Elvis, besser, aber auch nicht der wahre Jakob. Beatles, Stones, nee, paßt irgendwie nicht.
Wie sieht’s den mit Errol Flynn aus? IN DIE WANTEN, IN DIE FREIHEIT! Wenigstens ernte ich das eine oder andere Grinsen.
WIE SCHALLT’S VON DER HÖH? Höre ich da eine zaghaftes Hollaröduliö?
Oder beim Eintauchen: Hurra, ich bin ein Teebeutel!
Das war jetzt gar nix, den Spitznamen werde ich so schnell nicht los.

Inzwischen sinkt, jedesmal, wenn ich ins Schwimmbad gerollt werde, sofort der Geräuschpegel. Mal sehen, was er heute wieder bringt.
Heute halte ich mal die Klappe, hatten wir noch nicht. Man nimmt es bemerkenswert gelassen auf. Kann natürlich auch sein, daß ich mich viel zu wichtig nehme. Genau betrachtet, ist die zweite Lösung wahrscheinlicher.

Noch etwas fällt mir auf: Ich ziehe meine kleine Show schon eine Weile um ihrer selbst Willen ab. Meine Schmerzen sind nämlich viel besser geworden.

Ich sag doch, es hilft ...