Elsbeth

Wie schon gesagt, in so einen Elektro-Rollstuhl kann man eine Menge einbauen. In der Reha habe ich Steffen kennen gelernt. Der ist total abgedreht, hat die schrägsten Ideen und ich mit meinem E-Rolli muss dann immer herhalten. Mit dem Ergebnis, dass dauernd meine Akkus leer sind. Bis Steffen auf die Idee mit der Brennstoffzelle kam. Hätte mich fast meinen Rollstuhl gekostet. Da mein Sitzfleisch einen leichten Brandschaden davon getragen hatte, habe ich das erst mal in der Klinik checken lassen. Steffen war mit verlegenem Gesicht und meinem lädierten Rollstuhl abgezogen. Zwei Tage, bevor ich aus der Klinik entlassen werden sollte, grinste Steffen zur Tür herein. „Überraschung!“ Mit einem leisen Pfeifen surrte er, meinen Rollstuhl im Schlepptau zur Tür herein. „Also, das mit der Brennstoffzelle, das war nix. Ich sag nur, Apollo 13. Jetzt haste ne Mikroturbine. Da gibt’s ein neues Lagermaterial. Spezialkeramik. Braucht keine Schmierung, keine Kühlung. Pfeift e bissi, aber des krieg ich noch weg. Von Null auf fuffzich in 2,6 Sekunden. Alle 4 Wochen ne Campinggasflasche. Un noch e klaa Überraschung hab ich dir nei gemacht.“

Ich hatte irgendwann einmal mit KI, künstlicher Intelligenz herum probiert. Außer einer selbst lernenden Datenbank, die wenigstens die Entwicklungskosten wieder herein gebracht hatte, war aber nichts dabei heraus gekommen. Steffen hatte irgendwann mal bei mir den Quellcode für die Lernfunktionen gefunden. „Kann ich mir das mal genauer anschauen?“ „Na klar, die Algorithmen sind sowieso veraltet.“

Von wegen veraltet. Mein altes Notebook, dem ich irgendwann einmal eine Handy-Karte eingebaut hatte, verschwand in den unendlichen Tiefen meines Rollstuhls. In der Kopfstütze versteckte sich fortan ein Mikrofon und ein winziger Druckkammer-lautsprecher. Mit Sprach-Ein und -ausgabe hatten wir beide schon herum gebastelt, aber das mit den KI-Funktionen zu koppeln, das konnte nur Steffen einfallen. „Sach mir ma n Name“ „Hä?“ „En Name halt, was der grad so eifällt.“ „Elsbeth?“ Bevor ich den Mund zu klappen konnte war es heraus.

Seitdem heißt der Notebook in meinem Rollstuhl Elsbeth. Manchmal habe ich selbst das Gefühl, mit dem Rollstuhl zu reden. Über die GSM-Karte kann Steffen ihn sogar fern warten. Glaube ich jedenfalls. Manchmal, wenn ich morgens in meinen Rollstuhl gesetzt werde, kommt es mir so vor, als würde er ein bisschen anders reagieren, als am Abend vorher.

Meistens besser.